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Siegfried Pater

von Theresa am 22.11.2012, 16:54 Uhr

Siegfried Pater-
Ein sehr besonderer Mensch


Steckbrief:

Name: Siegfried Pater
Geburtsdatum: 26.02.1945
Alter: 67 Jahre
Beruf: Diplomingenieur, Filmemacher, Schriftsteller
Familienstand: verheiratet, 1 Sohn
Hobbys: Reisen, Fußball schauen, Freunde treffen

Während unseres Seminars in Bad Marienberg lernten wir Herrn Pater kennen, der uns als profunder Kenner der Dritten Welt anhand vieler eigener Erlebnisse und mit Ausschnitten aus seinen Filmen eine Fülle von Informationen zu den ärmsten Ländern der Welt und ihren Problemen gab und geduldig die vielen Fragen beantwortete, mit denen wir ihn bombardierten. Wir wollten mehr über ihn erfahren und haben uns mit ihm unterhalten.

Wie kamen Sie auf die Idee Entwicklungshelfer zu werden?
Ich wollte nicht zur Bundeswehr und habe nicht über Verweigerung nachgedacht, da ich zu unpolitisch war. Dann habe ich gesehen, dass man als Entwicklungshelfer nicht zur Bundeswehr muss und auch keinen Zivildienst leisten muss.

Wie wird man Entwicklungshelfer?
Man macht eine Ausbildung oder ein Studium. Anschließend kann man sich bei fünf verschiedenen Organisationen bewerben. Dann gibt es Prüfungen, in denen getestet wird, ob man dafür fachlich geeignet ist. Wenn man Glück hat, wird man angenommen.

In welchen Ländern waren sie tätig?
Als Entwicklungshelfer war ich zwei Jahre in Brasilien.
Danach habe ich meinen Beruf als Vermessungsingenieur aufgegeben und wurde Schriftsteller und Filmemacher, weil ich das, was ich erlebt habe, weitergeben wollte. Da war ich in dreimal in Kuba, 20 mal in Brasilien, zweimal in Bangladesh, einmal in Angola, viermal in China und zweimal in Nepal.

Haben Sie sich auch manchmal einsam gefühlt?
Ja, aber dadurch, dass meine Frau mitgefahren ist, war es leichter. Natürlich war nicht alles so hygienisch wie in Deutschland, da wir ja schließlich im ärmsten Gebiet Brasiliens waren. Es ist auch vorgekommen, dass Kakerlaken, Moskitos oder auch die ein oder andere Vogelspinne uns in unserem Zelt besucht haben. Das zweite Problem war, dass die nächste Stadt ca 6-7 Stunden Busfahrt weit weg war. Es war nur samstags Markt, wo ein paar Stände aufgebaut wurden. Sonst war keine Abwechslung dort. Dadurch konnte man sich natürlich mehr auf das Gespräch mit den Brasilianern konzentrieren.

Was haben Sie gemacht, um sich die Zeit zu vertreiben?
Ich habe angefangen zu reiten, weil das dort üblich war. Die Pferde für mich und meine Frau habe ich für 200 Mark gekauft. Ich habe mich dort auch sehr mit der Natur beschäftigt und meine Frau und ich sind oft an den wunderschönen Strand gegangen, der ganz in der Nähe war.

Schildern Sie uns bitte kurz Ihre Eindrücke über die dritte Welt.
Da wir sehr fremd waren, empfanden die Leute uns als sehr seltsam.
Ein Beispiel: Wir hatten in unserem Haus einen Gasherd, doch wir grillten abends lieber draußen. Die Leute haben uns als verrückt empfunden zu grillen, obwohl wir einen Herd hatten, denn die meisten Menschen dort haben keinen Herd und müssen auf offenem Feuer grillen.

Was war ihr schönstes Erlebnis?
Ich flog nach dem Projekt noch einmal nach Brasilien, um zu schaue, ob es sich bewährt hat, wobei ich meinen alten Freund fand. Ich habe ihm früher gesagt, dass er seinen Sohn in die Schule schicken soll, da ihm das mehr bringt. Als ich da war, erfuhr ich, dass er an eine weiterführende Schule gegangen ist, danach Medizin studiert hat und nun in Sao Paolo Chirurg ist. Auf einmal bekam mein Freund dann eine schlimme Krankheit, die nicht geheilt werden konnte. Er nahm den langen Weg auf sich und fuhr zu seinem Sohn nach Sao Paolo. Sein Sohn rettete ihm dann mit einer OP das Leben.

Was war das Schlimmste was Sie erlebt haben?
Wir haben ein Projekt gemacht, wo wir im Auftrag der Landwirtschaftlichen Genossenschaft Maracujs ernteten und diese zu Saft und Marmelade verarbeiteten. Kurze Zeit später hat die Firma Eckes uns Konkurrenz gemacht, indem sie identische Produkte viel billiger auf den Markt brachte.

Sie haben ja sehr viel Leid und Elend erlebt. Wie können Sie dies verarbeiten?
Meine Frau hat mir geholfen, da sie mit solchen Sachen als Kinderkrankenschwester auch professionell umgehen muss. Ich lese gerne Donald Duck und Micky Maus, ich gehe zum Fußball (Borussia Mönchen Gladbach), schaue meinem Sohn beim Fußball zu, unternehme was mit Freunden, etc.
Viele können sich das gar nicht vorstellen, dass ich z.B. Micky Mouse in meiner Freizeit lese, denn sie denken, dass ich als Schriftsteller über die dritte Welt immer ernst bin. Doch wäre ich das, würde ich das nicht verkraften.

Hat Ihre Familie Sie immer unterstützt?
Ohne meine Familie hätte ich das nie geschafft. Ja, sie haben mich immer unterstützt. Meine Frau war ja mit in Brasilien und meinen Sohn habe ich nach seinem 18. Lebensjahr auch schon mit nach Brasilien genommen, weil er dort fast geboren ist. Er fühlt sich jetzt als Halbbrasilianer.

Sie haben ja das Rentenalter schon überschritten. Denken Sie nicht ans Aufhören?
Ich könnte mir das gar nicht erlauben, da ich keine Rente bekomme, sondern nur eine kleine Lebensversicherung. Aber zum größten Teil mache ich es natürlich, weil es mir nach wie vor Spaß macht, meine Erlebnisse an Kinder, Jugendliche und Erwachsene mitzuteilen. Ans Aufhören denke ich noch nicht.

Vielen Dank für das Interview!

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Über diese Seite

Dieses Seminar ist eine Veranstaltung des Europa-Haus Marienberg. Es wurde unterstützt vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung sowie vom Ministerium für Bildung, Wissenschaft, Weiterbildung und Kultur Rheinland-Pfalz. Kooperationspartner ist das Global Cooperation Council/Nord-Süd-Forum e.V., Berlin. Weiterlesen